Das oft unterschätzte Abkürzungsverzeichnis

Wir erklären, wann und warum Abkürzungen verwendet werden müssen
Redaktion | 08.05.2020 | Lesedauer 3 min

Wofür fertige ich ein Abkürzungsverzeichnis an?

Das Abkürzungsverzeichnis hat zum Ziel, Missverständnisse innerhalb wissenschaftlicher Arbeiten zu vermeiden. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn Sie Abkürzungen verwenden, die teilweise auch in anderen Bereichen für jedoch komplett andere Sachverhalte genutzt werden. So kürzen bspw. Forschende aus den Bereichen der Kommunikationswissenschaften oder der BWL oder VWL die Informations- und Kommunikationstechnik gerne mit dem Akronym IKT ab. IKT steht allerdings auch für den Internationalen Kirchentag der Neuapostolischen Kirche. Wenn Sie nun also schreiben, dass die IKT ganz entscheidend dazu beigetragen hat, die Kommunikation über digitale Wege des Radios, Fernsehens oder Internets möglich zu machen, dann lesen Kommunikationswissenschaftler und BWL-er hier eine sinnige Aussage, während Mitglieder der Neuapostolischen Kirche an die Unergründlichkeit von Gottes Wegen denken. Damit Gottes Wege aber eben nicht unergründlich bleiben, fertigen Sie ein Abkürzungsverzeichnis an, das sowohl den Dozierenden als auch anderen Lesenden Ihrer Arbeit das Verständnis ganz signifikant erleichtern wird.

Welche Abkürzungen gehören ins Abkürzungsverzeichnis?

Viele Wörter bieten es förmlich an, Sie abzukürzen, weil das Akronym das Schreiben schneller und flüssiger von der Hand gehen lässt und zugleich auch platzsparend sein kann. Dies ist insbesondere dann von Relevanz, wenn Sie eine starre Umfangsbegrenzung haben, gleichzeitig aber viel Inhalt vorhanden ist, der untergebracht werden möchte. Dies führt dazu, dass Sie Wortpaare wie „zum Beispiel“, „unter anderem“, aber auch lateinische Phrasen wie „et cetera“ oder „et alii/et alia/et aliae“ durch ihre Abkürzung ersetzen. Gerade hier gibt es jedoch keinerlei Deutungsbedarf: Ein „z. B.“ wird immer „zum Beispiel“ meinen und dies ist so gängig und bekannt, dass Sie diese Abkürzung auch im Duden finden werden. Deswegen gilt als Faustregeln, dass Sie Abkürzungen nur dann im Abkürzungsverzeichnis aufführen müssen, wenn Sie eben nicht gängig und nicht im Duden aufgeführt sind.

Muss ich Abkürzungen verwenden und wenn ja: wann?

Das Verwenden von Abkürzungen ist in den meisten Fällen Geschmackssache, sodass sich generell sagen lässt: Nein, Sie müssen keine Abkürzungen verwenden. Gerade dann, wenn es eine kurze Hausarbeit oder Seminararbeit ist, die im Umfang vielleicht 10 bis 20 Seiten beträgt, ist ein Abkürzungsverzeichnis auch selten notwendig bzw. das Verwenden von Abkürzungen bietet sich kaum an. Grundsätzlich müssen Sie bedenken, dass Sie eine Abkürzung bei der ersten Verwendung entsprechend einführen müssen, um Sie danach konsistent verwenden zu können. Das bedeutet, Sie schreiben beispielsweise etwas wie „Der Internationale Kirchentag der Neuapostolischen Kirche (IKT) stand unter dem Motto ‚Siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch‘ und fand vom 06. bis zum 08. Juni 2014 in München statt.“ und zeigen direkt hinter dem Wort, das Sie mit einem Akronym belegen wollen, die Abkürzung in Klammern an, um danach nur noch IKT schreiben zu müssen. Dies kann sich dann anbieten, wenn Sie wirklich viel zum Internationalen Kirchentag der Neuapostolischen Kirche zu sagen haben und ihn häufiger erwähnen werden – sollte es jedoch bei dieser einzelnen Erwähnung bleiben, ist eine Abkürzung wenig effizient.

Bei einer Bachelorarbeit oder Masterarbeit, bei denen der Umfang eher bei 30 bis 100 Seiten liegt, kann ein Abkürzungsverzeichnis sehr zielführend sein, da Sie sich über mehrere Seiten hinweg mit demselben Thema befassen und die Verwendung von Abkürzungen sehr wahrscheinlich ist. Das Abkürzungsverzeichnis kann hier vor allem einen Überblick darüber geben, was der Inhalt der Arbeit erwarten lässt, es kann aber auch genutzt werden, um mitten in der Lektüre zurückzublättern und zu prüfen, ob man die angeführte Abkürzung noch richtig im Kopf hat.

In einigen Fachbereichen haben sich Akronyme für etwaige Begriffe bereits so stark etabliert, dass ein Verzicht auf diese merkwürdig wirken würde: Wenn Sie eine Analyse von Chancen, Risiken, Stärken und Schwächen machen, machen Sie eine SWOT-Analyse in der BWL und wenn Sie in den Erziehungswissenschaften bzw. im Bereich des Lehramts von Schülerinnen und Schülern sprechen, schreiben Sie über SuS.

ROFL

Abkürzungen als Sprachphänomen

Abkürzungen werden natürlich nicht nur in einem wissenschaftlichen Kontext genutzt, sondern können generell auch als Sprachphänomen betrachtet werden, das zu einem Bestandteil subkultureller Gruppierungen wird. So gibt es beispielsweise Abkürzungen, die insbesondere von Digital Natives genutzt werden und dabei einen immer enger werdenden und damit immer weiter ausschließenden Trichter bilden. Gemeint ist, dass es Begriffe der Internetkultur gibt, die inzwischen Einzug in die Gesellschaft gefunden und auch ausserhalb der Internetkultur Bekanntheit erlangt haben, wie beispielsweise „BRB“ (be right back), „LOL“ (laughing out loud) oder „TBH“ (to be honest), andere Begriffe jedoch in ihrem jeweiligen Umfeld verbleiben und hauptsächlich dort verstanden werden, wie beispielsweise „/s“ (sarcasm), „TL;DR“ (too long; didn’t read) oder TIFU (today I fucked up) im Umfeld von Reddit.

Ein anderes Beispiel wäre die Jugendsprache Verlan, die in den französischen Banlieues gesprochen wird und sich dadurch auszeichnet, dass Silben verdreht, Wörter abgekürzt und danach neu zusammengesetzt werden, sodass daraus eine neue Grammatik entsteht, die Regeln der Phonetik etc. unterworfen ist.

Beispiele

Was gehört ins Abkürzungsverzeichnis und was nicht?

Gehöre ich ins Abkürzungsverzeichnis?
Ja Nein
z. B., usw., u. a., etc.
USA, DE, CH/USD, EUR, CHF
S., f./ff., Hrsg., Vgl.
IKT Informations- und Kommunikationstechnik
MBA Master of Business Administration
SARS-CoV-2 Severe acute respiratory syndrome coronavirus